Ein Jahr nach Broadcom-Übernahme von VMware zeigt sich: Viele Herausforderungen sind ungelöst. Mittelständische Kunden ziehen Konsequenzen – und migrieren zunehmend auf VMware-Alternativen.
Unklare Prozesse und mangelnde Transparenz
Ein zentrales Ärgernis ist die Abrechnung. Noch Ende 2024 – fast ein Jahr nach der Übernahme – erhielten viele Kunden erstmals Rechnungen für ihre VMware-Nutzung. Der Grund dafür ist: Broadcom hatte offenbar Schwierigkeiten, die neuen Lizenzmodelle und die effektive Nutzung bestehender Lizenzen korrekt zu erfassen. Die Umstellung auf eine nutzungsbasierte Abrechnung in Verbindung mit einem konsolidierten Vertriebs- und Abrechnungsmodell verlief für kleinere und mittlere Kunden, die ohnehin nicht an erster Stelle von Broadcoms neuer Enterprise-Strategie stehen, unglücklich.
KMU und Cloud-Provider im Nachteil
Während Grosskunden weiterhin individuell betreut und mit passenden Lösungen versorgt werden, geraten viele IaaS-Provider und KMUs zunehmend unter Druck. Sie stehen vor der Herausforderung, auf neue Lizenzmodelle umzusteigen, die auf einem „pro-Core“-Ansatz mit einer Mindestanforderung von 16 Cores pro CPU basieren – unabhängig von ihrem tatsächlichen Bedarf.
Das führt zu unverhältnismässig hohen Kosten, insbesondere bei kleineren Deployments. Darüber hinaus berichten viele kleinere Kunden von Preissteigerungen, in Einzelfällen sogar von bis zu 1200 %. Grund dafür ist die Bündelung und Zusammenfassung von Funktionen, die den tatsächlichen Anforderungen dieser Zielgruppe meist nicht entsprechen und überdimensioniert sind.
Auch beim Support hat sich die Situation verschlechtert. Supportanfragen werden häufig über Vertriebspartner oder Distributoren abgewickelt, was zu längeren Reaktionszeiten und einer insgesamt schlechteren Servicequalität führt. Diese Veränderungen haben insgesamt dazu geführt, dass sich viele KMU schlechter betreut fühlen – und gezielt nach VMware-Alternativen suchen.
Technische Reaktionen auf steigende Lizenzkosten
Viele Kunden haben ihre Infrastruktur strategisch umgestellt, um die Lizenzkosten zu senken. Cluster wurden umstrukturiert, Workloads konsolidiert und VMs auf möglichst wenige Hosts verteilt. Redundanzen werden gezielter genutzt – etwa durch Hot-Standby-Konfigurationen, bei denen nicht benötigte Hosts nur im Notfall aktiv werden. Technisch möglich, aber operativ oft aufwändiger – angesichts der Lizenzstruktur aber oft der einzige wirtschaftliche Weg.
Massnahme | Ziel / Effekt | Technische Umsetzung / Tools | Herausforderungen |
---|---|---|---|
Clusterkonsolidierung | Reduktion der Hostanzahl und Lizenzen | Analyse mit vRealize Ops, RVTools, manuelle Konsolidierung | Erhöhte Dichte kann Failover-Strategien erschweren |
Host-Sizing & Core-Optimierung | Maximale Leistung pro lizenzierter Core | Auswahl effizienter CPUs, vCPU-Tuning, CPU-Pinning | Höhere Hardwarekosten, komplexeres Sizing |
Cold-/Hot-Standby statt N+1 | Reduktion von lizenzpflichtigen Standby-Hosts | Standby nur im Notfall hochfahren, Monitoring-/Scripting-Lösungen | Manuelle Intervention nötig, längere Wiederherstellung im Ernstfall |
Verzicht auf HA/DRS | Vermeidung unkontrollierter Host-Auslastung | HA/DRS deaktivieren, statische VM-Platzierung | Geringere Verfügbarkeit, mehr Betriebsaufwand |
On-Demand-Virtualisierung | VMs nur bei Bedarf aktiv – spart Ressourcen & Lizenzen | Automatisiertes VM-Start/Stop (z. B. via PowerCLI, Ansible) | Eingeschränkte Testverfügbarkeit, Skripting erforderlich |
Teilweise Migration auf Bare-Metal | Entlastung der virtualisierten Umgebung | Deployment auf physischen Servern für spezialisierte Workloads | Geringere Flexibilität, höherer Verwaltungsaufwand |
Containerisierung ausgewählter Dienste | Umgehung klassischer VM-Lizenzierung | Kubernetes / OpenShift für neue oder migrierte Dienste | Know-how erforderlich, Re-Architektur nötig |
Die Alternativen rücken näher
Parallel dazu wächst das Interesse an anderen Virtualisierungslösungen. Parallel dazu wächst das Interesse an anderen Virtualisierungslösungen. Unternehmen prüfen zunehmend konkrete VMware-Alternativen, die wirtschaftlich, technisch und strategisch besser zu ihren Anforderungen passen. Besonders häufig evaluiert oder bereits produktiv eingesetzt werden dabei folgende Plattformen:
- Proxmox VE: Open-Source, stabil und mit stark wachsender Community – besonders attraktiv für Unternehmen mit Linux-Affinität.
- Microsoft Hyper-V: Für Windows-zentrierte Umgebungen eine etablierte Alternative mit solider Integration in bestehende Microsoft-Ökosysteme. Gerade in Microsoft-Infrastrukturen bleibt Hyper-V durch die enge Produktintegration und langfristige Supportstrategie eine verlässliche Wahl.
- Red Hat OpenShift Virtualization: OpenShift hat seine Virtualisierungsfunktionen gezielt ausgebaut. Wer ohnehin auf Containerisierung setzt, kann Workloads zunehmend auch virtualisiert innerhalb der OpenShift-Welt betreiben.
ESXi verliert an Boden
Die einst fast unangreifbare Position von VMware ESXi gerät ins Wanken. Immer mehr Unternehmen migrieren ihre Infrastruktur ganz oder teilweise auf VMware-Alternativen oder verlagern Workloads auf andere Architekturen. Nach einem Jahr Erfahrung mit den neuen Lizenzmodellen können wir feststellen: Broadcom hat es bisher nicht geschafft, das Vertrauen vieler VMware-Kunden zu gewinnen – und öffnet damit den Markt für neue und bestehende Wettbewerber.
Wie nachhaltig sich der Trend zu VMware-Alternativen entwickelt, zeigt sich bereits deutlich. Viele Unternehmen haben ihre Virtualisierungsstrategie bereits überdacht – andere stehen aktuell vor der Entscheidung.
Unsere Expert:innen unterstützen Sie gern bei der Bewertung Ihrer Optionen – neutral, lösungsorientiert und mit Blick auf das, was langfristig zu Ihrer IT-Landschaft passt.